Kürzlich war ich zum Testangeln in Heiligenhafen verabredet. Der Plan sah vor, die extra für die Dorschangelei entwickelten "Möhrchen" von Lieblingsköder zu testen. Für mich persönlich war es die erste Tour überhaupt auf Dorsch und so hatte ich Möhrchen in seiner eigentlichen Paradedisziplin bisher noch nicht erleben dürfen. Da mir Neonfarben bei schlechten Lichtverhältnissen und trübem Gewässer schon viele Hechte beschert haben, habe ich den Köder ab und zu erfolgreich beim Hechtangeln einsetzen können, nun aber sollte es endlich mal auf Dorsch gehen.
Wer war dabei?
Mit dabei war natürlich der Papa der Lieblingsköder Jens, der Dorschangelexperte Dennis, auf dessen Hinweis Jens den neonorangenen Dorschmagneten erst entwickelt hatte, der upcoming Moviestar der Angelszene Luis von Big L-Fishing, der selbstgekrönte Hamburger Zanderkönig Crazy Dodo sowie die norddeutschen Vielfänger Jeanette, Micha und Marco, die sogar ihre Mama zur Verstärkung mitgebracht hatten.
Angelspot: Heiligenhafen
Nachdem wir zweieinhalb Stunden von Heiligenhafen aufs Meer rausgefahren waren, konnte es endlich losgehen.
Die Mission war klar: schöne Dorsche sollten es werden. Die Herangehensweise zur Erfüllung bei den einzelnen Anglern war jedoch durchaus variabel. Während unser neunköpfiges Team ausschließlich auf den knallorangenen Gummi von Lieblingsköder setzten, konnte man bei den restlichen 20 Meeresanglern von natürlichen Würmern bis hin zu Pilkern und Twistern die verschiedensten Köder und Konstruktionen bestaunen.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Innerhalb unseres Teams herrschte zumindest Einigkeit bei der Köderwahl, jedoch gingen die Meinungen beim Auswahl der Konstruktion und der Angeltechnik weit auseinander. Die meisten versuchten es zunächst mit mehreren Haken: Zusätzlich zu einem schweren Jigkopf (50-110g) wurden Angstdrillinge am 12,5 cm Möhrchen angebracht oder sogar mit bis zu drei Beifängern in Form von 10 cm Möhrchen (angebracht auf Offset-Haken) geangelt.
Einzig Dennis und ich vertrauten einer feinen Zandermontage mit einem 0,30 mm Fluorocarbonvorfach und einem 50g Jigkopf, auf dem ein 10cm Möhrchen saß.
Dorsche blieben aus
Alle angelten hoch motiviert los, doch nach einiger Zeit entstand der Eindruck, dass die angesteuerte Stelle heute kein Hotspot für Dorsche sein sollte. Das rief natürlich die ersten Nörgler auf den Plan:
"Eine tolle Stelle, die wir da 2,5 Stunden lang angefahren haben",
konnte man von den ersten Ungeduldigen vernehmen. Nach einiger Zeit ohne Biss steuerte der Kapitän die nächste "gute" Stelle an, an der wir es probieren wollten.
Ich war mir nicht sicher, ob meine Technik wirklich die richtige war, es war schließlich meine erste Tour auf Dorsch und bisher hatte ich keinen Biss bekommen. Da es den anderen jedoch ausnahmslos genauso ging, wollte ich es noch eine Weile auf die gleiche Weise versuchen.
Nächster Spot: Dorsch ahoi
Wie ist es so oft beim Angeln: neue Stelle, neues Glück! Mit meinem ersten Wurf an der zweiten Stelle hatte ich einen schönen Dorsch am Haken. Ein toller Biss! Aufgeregt drillte ich ihn ähnlich wie einen Zander, was leider etwas zu ungeduldig für den Dorsch war. Kurz vor dem Boot verlor ich den Fisch. Doch jetzt war mir klar, der Köder und die Technik waren definitiv geeignet um einen Dorsch zu überlisten. Ein paar Würfe später bog sich die Rute wieder und diesmal drillte ich mit mehr Geduld und konnte den Prachtkerl dann auch auf den Kutter bugsieren.
Nicht nur bei mir fing es an, kräftig an der Rute zu rappeln, auch Jeanette, Dennis und Mutti konnten ihren ersten Fang vermelden. Auch wenn ich hauptsächlich mit meiner eigenen Angelei beschäftigt war, kam es mir so vor, als wären wir die ersten Leute auf dem Kutter, die einen Fisch hatten überlisten können.
Auf Wind einstellen
Wir fuhren die nächste Stelle an. Immer wenn der Kutter einen neuen Spot erreicht hatte, stellte er sich quer in den Wind, sodass die eine Bootseite in der Andrift (Lee) und die andere Bootsseite in der Abdrift (Luv) angelte. Der Kapitän drehte den Kutter regelmäßig, sodass man im Wechsel in zwei verschiedene Situationen angelte. Meine Technik veränderte ich dabei nicht, allerdings nutzte ich auf der Abdriftseite einen mit 80 g etwas schwereren Jigkopf als auf der Andriftseite. Nachdem Dennis und ich an der dritten Stelle wieder relativ gut losgelegt hatten, konnte ich beobachten, wie immer mehr aus unserem Team sich auf eine simplere Konstruktion besannen.
Endlich gibt es Dorsch!
Als wir an die vierte Stelle kamen, wurde es dann wirklich sonnenklar, dass Möhrchen der absolute Wahnsinn für die Dorschangelei ist. Wer mal einen Doppeldrill erlebt hat, weiß, dass das viel Spaß macht, aber was auf unserer Seite des Kutters jetzt abging, habe ich vorher nie gesehen. Der Höhepunkt war, als sieben (!!!) von uns neun gleichzeitig einen Dorsch drillten. Der Hammer! Dorschbisse fühlen sich an wie ein sehr harter Zanderbiss, es ist auf jeden Fall zu spüren, dass man es hier mit einem Raubfisch aus dem Meer zu tun hat. Wir waren jetzt alle richtig drin und der Erfolg verließ uns auch an der fünften und sechsten Stelle nicht. Umso wehmütiger kann man die Gefühlslage beschreiben, als wir irgendwann dann wieder den Heimathafen ansteuern mussten.
Wie gut ist Möhrchen?
Die Rückfahrt nutzten wir, um unser Testangeln statistisch festzuhalten. Jens und ich quatschten mit allen Anglern, die auf dem Kutter dabei waren und hörten uns ihre Berichte an. Ich kann euch sagen, die Fangstatistik von Möhrchen ist furchteinflößend:
Während die 20 Angler, die mit verschiedensten Ködern unterwegs waren, zusammen 4 Dorsche und 2 Plattfische verbuchen konnten, hatte unser neunköpfiges-Möhrchen Team sagenhafte 42 Dorsche auf den Kutter gebracht, von denen 8 auf meine Rechnung gingen. Ich muss sagen, auch wenn ich Dennis und Jens schon vertraue, hätte ich mit einem solchen Ergebnis im Traum nicht gerechnet.
Über das Erfolgsgeheimnis von Möhrchen gibt es natürlich mehrere Theorien, aber die für mich schlüssigste davon lautet so: Dorsche lieben Krebse und können diesen dann gefährlich werden, wenn sie sich unmittelbar vorher gehäutet haben. In diesem Stadium sind die Krebse knallorange und UV-aktiv - wie Möhrchen. Wenn dann auch noch durch den Sand gejiggt wird, ist die Falle perfekt. Gestützt wurde diese Theorie durch einige Krebse, die beim Filettieren in den Dorschmägen gefunden wurden.
Zusammenfassung
Glücklich aber erschöpft machten wir uns alle auf den Nachhauseweg. Der Tag war ein voller Erfolg, mit dieser unglaublichen Truppe hat es wieder eine Menge Spaß gemacht, das Wetter hat mitgespielt und der Dorschmagnet Möhrchen hält, was er verspricht! Gut möglich, dass ich das Dorschangeln in den zweiten Teil der LMAB-Schonzeit-Tour mitaufnehme.
Bis dahin wünsche ich euch allen ratternde Rollen!
Euer Daniel