Ob zum nahegelegenen Fluss, zum Vereinsteich oder zum Baggersee im Nachbarort: kaum ein Spinnangler verzichtet auf ein großes und buntes Sortiment an Gummifischen, die seiner Tacklebox den unverwechselbaren Geruch nach Weichplastik verleihen. Doch nach wie vor verfügen die wenigsten über ein fundiertes Wissen darüber, wann man zu welcher Farbe greifen sollte.
Wichtige Fragen bei der Farbauswahl
Hierbei muss man sich zunächst von dem Bestreben lösen, sich in den Raubfisch hineinversetzen zu wollen. Die Frage sollte nicht lauten: „In welchen dieser Gummifische würde ich als Hecht am ehesten beißen?“. Nein, für die Wahl der richtigen Farbe muss man sich schon komplexere Gedanken machen. Vielmehr sollte man sich überlegen, wie eine bestimmte Farbe vom Fisch in der beangelten Tiefe bei den jeweiligen Lichtbedingungen wahrgenommen wird, bzw. welche Farbe man wählen sollte, dass der Köder wahrgenommen wird.
Um dieser Frage nachzugehen sei zunächst erwähnt, dass Fischaugen denen der Menschen bezüglich ihres biologischen Aufbaus schon ähneln. Das Farbsehen dürfte daher für die Fische nicht sehr anders sein als für uns.
Gewässer einschätzen & abwägen
Um einschätzen zu können, wie ein Köder an dem Grund meines Gewässers aussieht, achte ich auf vier entscheidende Faktoren, die allesamt determinieren, wie viel des vorhandenen Lichts bis zum Grund durchdringt:
- Die Lichtintensität (sonnig vs. bewölkt),
- den Sonnenstand (Zenit vs. niedriger Sonnenstand während der Morgen- und Abendstunden),
- die Wassertrübung (klar vs. trüb)
- und die Wassertiefe (flach vs. tief).
Aus dem Zusammenspiel dieser Faktoren mache ich mir also ein Bild über die Lichtverhältnisse am Grund. Natürlich muss man bedenken, dass die Faktoren sich unter Umständen auch gegenseitig beeinflussen. Angle ich zum Beispiel in großer Tiefe, so spielt die Wassertrübung eine umso größere Rolle. Man könnte auch noch die Wasserfärbung mit einbeziehen, doch ich möchte diese Anleitung einfach halten, damit sie möglichst vielen von euch hilft.
Farbverhalten der Gummifische
Wenn ich nun eine entsprechende Vorstellung habe, muss ich nur noch wissen, welche Farben bei welcher verbleibenden Lichtintensität für den Raubfisch gut sichtbar sind. Im Prinzip kann man sagen: je höher die Gewässertiefe, je größer die Gewässertrübung, je schlechter das Wetter und je spitzer der Winkel, mit dem das Licht auf die Wasseroberfläche trifft – desto mehr Sonnenlicht wird absorbiert bzw. reflektiert, bevor es auf den Gewässergrund trifft. Und desto eher brauche ich eben jene Farben, die bei diesem Restlicht sichtbar bleiben.
Welche Farben können bei wenig Licht im Wasser noch gesehen werden?
Als Erstes wird im Wasser das rote Licht absorbiert (sprich, rote Köder verlieren unter Wasser zuerst die Farbkraft), es folgen Orange, Gelb, Grün, Blau und schließlich Violett. Mit Abstand am weitesten dringen ultraviolette Strahlen ins Wasser.
Die ausdauernden UV-Strahlen können wir uns beim Angeln zunutze machen: Fluoreszierende Farben absorbieren die Strahlen und so bleiben Fluo-Köder auch bei schlechtesten Lichtverhältnissen noch lange wahrnehmbar.
Da diese physikalische Herangehensweise sicher nicht jedermanns Sache ist, will ich nun konkret werden und euch auch ein paar Beispiele existierender fängiger Farben/Produkte nennen.
Beispiele für gut sichtbare Gummifische
Je weniger Licht ich am Gewässergrund erwarte, desto heller und greller sind die Farben, denen ich vertraue – bis hin zu neonfarbenen Fluo-Ködern. Hier lege ich einfach nur Wert darauf, dass mein Köder vom Räuber wahrgenommen wird. Als Beispiele könnte man hier Pinky, Sheriff und Möhrchen von Lieblingsköder anführen.
Auch Mr. White und Mr. Black aus der Gold-Edition von LK gehen in trübem Wasser sehr gut, da weiß und überraschenderweise auch schwarz selbst bei schlechtesten Sichtverhältnissen (anders als andere Farben) vom Fisch noch wahrgenommen werden können.
Ideale Gummifische bei hellerem Licht
Bei steigender Helligkeit am Grund werden die Farben meiner Köder etwas dunkler, zum Beispiel ist grün eine hervorragende Farbe für mittelmäßige Lichtbedingungen am Grund.
Für mittlere Sichtverhältnisse im Wasser nutze ich beispielsweise Farbmischungen wie Captain und Wasabi sehr gerne, denn hier hat Lieblingsköder eine gute Mischung aus Auffälligkeit und Natürlichkeit realisieren können.
Je klarer und lichtdurchfluteter das Wasser, desto eher gehe ich davon aus, dass mein Köder ohnehin gesehen wird. Ich lege nun mehr Wert auf natürliche Farben und attraktive Bewegung des Köders. Meine Farbwahl geht bei solch guten Sichtverhältnissen meistens erstmal in Richtung der "echten Farben" potenzieller Beutefische. Whisky als Kaulbarsch- und Sunny als Weißfischimitat (beides Produkte von Lieblingsköder, diese Farben sind in den meisten Paletten erfolgreicher Gummifischformen enthalten) kann ich bei guten Lichtbedingungen beispielsweise dringend empfehlen.
Ausprobieren ist wichtig
Allerdings ist das Spektrum bei guten Lichtverhältnissen größer, sodass man hier bei ausbleibendem Erfolg ruhig ein bisschen ausprobieren sollte, welche Farbe bei den gegebenen Bedingungen am besten läuft. Jetzt kann man auch verstehen, warum schlechte Lichtverhältnisse grundsätzlich gut zum Spinnfischen sind: Bei wenig Licht setzt sich ein greller Köder von anderen Beutefischen ab, da er überhaupt wahrgenommen wird. Bei guten Lichtverhältnissen dagegen muss es der Angler verstehen, den Köder durch eine möglichst attraktive Präsentation schmackhaft zu machen, was gegen die Konkurrenz, den natürlichen Beutefisch, selbstverständlich schwieriger ist.
Lass bei der Köderwahl also nicht das Glück über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Mit Köpfchen und Geduld ziehst du nach etwas Herantasten den richtigen Gummi auf den Jigkopf und dann kommst du auch als unerfahrener Petri-Jünger häufig an deinen Fisch!
Ich wünsche euch allen ratternde Rollen!
Euer Daniel